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  • B. Schrader (Montag, 14. September 2015 18:28)

    KEIMZEIT

    Dickes Buch, durchaus mit Längen und leider im hinteren Teil stellenweise schlampig lektoriert (was ich aber dem Verlag anlaste und nicht dem Autor). Auch muss man mit der notwendigen Geduld
    einsteigen; da brennt nichts von vornherein, die Handlung entwickelt sich langsam und ist nichts für Leser, die nach atemloser Spannung suchen.

    Warum ich den Roman trotzdem empfehle? Es ist anschaulich und schnörkellos erzählt und liest sich ungemein flüssig. Der Wiedererkennungswert für diejenigen, die diese 1960er mit-erlebt haben, ist
    groß. Aber was da über eine zumutbare Jugend in diesem Jahrzehnt zu-sammengetragen wurde an Geschichten und Geschichte ist nicht nur für die Generation 50plus von Interesse, sondern auch für die
    Jüngeren, für die diese Periode in jeder Hinsicht in einem alten Jahrtausend liegt. Wer Rock ’n’ Roll liebt und Beat-Musik dazu, kommt, unab-hängig vom Geburtsdatum, ohnehin nicht vorbei an dieser
    Liebeserklärung, in der es von Oldies but Goodies nur so wimmelt.

    Ich fühlte mich - als in etwa Gleichaltriger - bereits auf den ersten Seiten geradewegs hineinversetzt in eine Zeit, in der der kalte Krieg zwischen Ost und West tobte und heiße Kriege in Vietnam und
    im Nahen Osten ausgefochten wurden. Einer Zeit, in der unser Land von einem 80-jährigen Kanzler regiert wurde (Konrad Adenauer), der sich trotz christdemokratischer Geisteshaltung nicht zu schade
    war, politische Gegner (Willy Brandt) auf das Übelste zu diffamieren. Einer Zeit, in der man zwar mit 18 Auto fahren, aber erst mit 21 wählen durfte. Einer Zeit, in der langhaarige Männer als
    aufsässig und ungespflegt galten und in der die Pille nur verheirateten Frauen verordnet wurde.

    Es gelingt dem Autor, die Welt durch die Augen des Hauptdarstellers zu betrachten, der sich als 15-Jähriger mit Pickeln, beginnender Schambehaarung, aufkeimender Sehnsucht nach dem weiblichen
    Geschlecht und angelernten, religiös geprägten Gewissensbissen herumschlägt. Der sich als Heranwachsender schon früh mit seinen Eltern anlegt, weil ihm die Antworten auf seine Fragen über das Dritte
    Reich verweigert werden. Der permanent mit den Lehren einer dogmatischen katholischen Kirche über Kreuz liegt, von der er sich allein gelassen fühlt mit seinen Alltagsproblemen, seiner Pubertät und
    seiner Sexualität. Und damit landen wir unabwendbar bei einem zentralen Thema des Romans: der Liebe im Allgemeinen und der körperlichen im Besonderen.

    Die Entwicklung vom unschuldig naiven Teenager hin zum „sachkundigen“ Jüngling, der begierig und zügig lernt, wie man umgeht mit der Fleischeslust, ist zwangsläufig. Die beschriebenen
    Unanständigkeiten, und davon gibt es einige, zum Ende hin sogar recht viele, sind vielfach eindeutig, oft handfest, gelegentlich heikel, aber immer stimmig und selten peinlich.

    Mein Fazit: Mir gefällt‘s.

  • Ana Schenk (Dienstag, 04. August 2015 22:55)

    ******
    Derjenige der mit Tinte schreibt
    ist nicht zu vergleichen
    mit demjenigen, der mit
    Herzblut schreibt.
    Khalil Gibran

    ******
    Elfchen

    Keimzeit
    Herzblut Lesung
    mit angenehmen Livegesang
    in einer besonderen Atmosphäre
    Leipzig.
    ******
    zugehört - gelesen - begeistert
    und sowas von wahr:
    "Wir sind eine zumutbare Jugend gewesen."

    ******

    Lieber Herr Solberg

    Alle guten Wünsche und viel, sehr viel Lob und Anerkennung.
    Mögen Ihre Lesungen die Zuhörer weiterhin mitreißen.

    ******

  • Harry Schlisio (Donnerstag, 25. Juni 2015 01:37)

    Hello you "young" old Rock'n'Roller!!

    Habe mir aufgrund einer in der hiesigen Lokalpresse ("Hellweger -
    Anzeiger") erschienenen Rezension ihr Erstlingswerk "Keimzeit" über einen ortsansässigen Schreibwaren- und Buchhändler besorgt. Als Jahrgangsausgeburt von 1958 (die "Sputnike") bin ich sozusagen ein
    Nebenprodukt Eurer wilden, rockigen und sexuell recht freizügigen 60ziger Jahre Generation in die progressiven ("Pink Floyd", "Genesis", "Yes" und "Emerson, Lake & Palmer" - um nur die
    bekanntesten zu nennen) hineingewachsenen 70ziger Jahre
    Nachfolgeneration. Bin, aus Kamen- Heeren- Werve kommend (so eine Art Parkplatz von Dortmund) im Vergleich zu Ihnen, ein echter Provinzler, aber durch diverse Verwandschaftsverhältnisse und
    Einkaufsfahrten mit meiner Mutter mit der damaligen Strassenbahnverbindung von Unna nach Dortmund z. B. sehr(zumindest visuell) mit dem in Ihrem Buch beschriebenen Kasernenverhältnissen und den ihnen
    gegenüberliegenden Wohnbereichen der britischen Armee (wurde quasi von der genannten Straßenbahnverbindung mittig durchfahren) vertraut - und später selbstredend durch Besuche beim geliebten B V B
    ein halber Dortmunder gewordenen.

    Ihr Buch zeichnet sich durch ein profundes!!! Wissen der damaligen Musikentwicklung aus, die ich teilweise recht gut nachvollziehen kann, d auch ich recht früh das Kofferradio unter meiner Bettdecke
    vor'm Einschlafen benutzt habe um (vor allem die "Top - Twenty") BFBS zu hören!! Vieles von dem, was Sie an Musiktiteln in Ihrem Buch zitieren, habe ich mir allerdings später erst erarbeitet!!
    Ansonsten habe ich Ihr Buch teilweise nicht nur gelesen, sondern regelrecht mitgesungen!!

    Fazit: Eine gelungene Zeitreise in die 60ziger Jahre und dem dort vorherrschenden Lebensgefühl (ganz schön was los gewesen in jenen Zeiten in Dortmund - Augenzwinkern -), halt "Sex, (ein wenig) Drugs
    and (viel) Rock 'n'
    Roll" - frei nach Ian Dury!! Gutes Buch!! Hat mir viel Spass gemacht es zu lesen, eine gelungene Zeitreise (auch die in dem Buch geschilderten via Television in die Wohnzimmer Deutschlands
    übermittelten Welt- und nationalpolitischen Ereignisse und Katastrophe) haben sich - obwohl ich noch ein kleiner Junge- war tief in mein Gedächtnis eingebrannt und mitgeprägt, natürlich auch
    "Bonanza", "Lassie", "Fury" usw.

    Negativ: Im letzten Drittel des Buches zu viel und zu detaillierter Sex (Spassbemerkung: "Scheinst ja ein richtiger "Potenzbrocken" gewesen zu sein - auf der anderen Seite hätte ich solche Damen in
    meinem Leben auch mal gerne kennengelernt!!)

    Schlussbemerkung: Die Investition in dieses Buch hat sich voll und ganz gelohnt!! Weiter so!!!

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© Frank Solberg